Vorsitzender der JUSOs Ortenau spricht bei „Oberkirch für Frieden“

Vorsitzender der JUSOs Ortenau spricht bei „Oberkirch für Frieden“

Am 23. April 2022 hatte das Aktionsbündnis „Oberkirch für Frieden“ – bei dem auch wir von der SPD Oberkirch aktiv sind – den Vorsitzenden der JUSOs Ortenau zu Gast. Sven Hartung hielt eine Rede, in der er Einblicke in die Sichtweise junger Menschen unter Anderem auf den Krieg in der Ukraine beschreibt.

Sven machte in seiner Rede deutlich, dass „unser privilegiertes, westliches Denken und Handeln oft nicht richtig gewesen ist, für den Frieden auf der ganzen Welt.“ Er stellte auch fest, dass „Frieden die Verantwortung von Politik, aber auch der Wirtschaft und der Unternehmen sowie der einzelnen Bürger:innen ist.“

Die ganze Rede von Sven Hartung kann unterhalb der Fotos nachgelesen werden.

Rede von Sven Hartung

Ich wurde gefragt, ob ich heute eine Rede halten kann. Eine Rede über Frieden. Eine Rede über ein Thema, das für uns alle selbstverständlich war. Eine Rede über ein Thema, über das lange Zeit niemand in Europa nachgedacht hatte.

Seit dem 24. Februar hat sich das geändert. In Europa ist kein Frieden mehr! Das Leid und der Wahnsinn, der für uns so fern gewirkt hat, ist auf einmal direkt vor unserer Haustür.

Bei mir hat es dazu geführt, dass ich mich schuldig gefühlt habe. Schuldig dafür, dass ich erst jetzt, wo der Krieg so nahe ist, tief emotional ergriffen bin und über vieles anders nachdenke, als ich es vielleicht bei Kriegen in Syrien oder Afghanistan gemacht habe. Natürlich ist es auch nur menschlich, dass es einen emotional mehr angreift, wenn Freunde und Bekannte betroffen sind und es nur ein paar hundert Kilometer weit entfernt ist, trotz allem ändert es viel in Denken und Haltung. Das ist auch gut so, denn unser privilegiertes, westliches Denken und Handeln ist oftmals nicht das Richtige gewesen für den Frieden auf der ganzen Welt.

Ich denke, es ist unglaublich wichtig, Fehler der letzten Jahrzehnte zu erkennen und zuzugeben. Aber wir müssen daraus auch die richtigen Schlüsse für die Zukunft ziehen. Fehler zuzugeben ist erst der erste Schritt, die nächsten Schritte müssen Prävention und Anstrengungen für den Frieden sein. Denn es gibt nicht nur Putin. Es gibt eine große Anzahl weiterer autoritärer Herrscher und Diktatoren, die den Frieden auf der Welt gefährden. Nur 45% der Länder der Welt sind Demokratien.

Bei dem ganzen Reflektieren und Fehler erkennen beunruhigt mich allerdings doch so manche Diskussion in Talkshows, auf Twitter oder in direkten Gesprächen. Man hört oft Aussagen wie: „Wandel durch Annäherung, Abrüsten, das ist alles gescheitert. Wir brauchen knallharte Politik, die stark voraus geht.“

Ich sage, das ist die falsche Schlussfolgerung aus der Erkenntnis realer Fehltritte. „Wandel durch Annäherung“ ist nicht gescheitert. Es wurde lediglich ersetzt durch „Wandel durch Abhängigkeit“ und das konnte nur zum Scheitern verurteilt sein. Sobald aus dem Versuch durch Annäherung und Handel etwas zu verändern ein starkes eigenes wirtschaftliches Interesse entspringt, ist der Versuch gescheitert.

Wenn wir abhängig sind von Diktatoren und Machthabern hat das fatale Folgen. Denn die Pläne dieser Despoten sind zumeist grausam und menschenverachtend. Der Westen muss lernen, sich seines Handelns bewusst zu werden und nicht gut gedachte Friedenspolitik durch eigene wirtschaftliche Interessen zu Nichte zu machen. Und dabei spreche ich nicht nur über Politik. Gerade auch die Privatwirtschaft, die großen Konzerne, die durch fatale Lieferketten seit Jahrzehnten ärmere Länder ausbeuten und bewusst oder unbewusst unfreiheitliche Regierungsformen stärken, sind zum Thema Krieg oder Unfreiheit immer sehr, sehr leise. Wir als Gesellschaft und die Politik haben die Aufgabe, den Konzernen eine klare Grenze zu ziehen, wirtschaften ist kein Problem, aber Menschenrechte sind unantastbar.

Denn eins muss uns in der EU bewusst sein: wenn jemand die Möglichkeit und die Fähigkeit hat, den Frieden auch in andere Teile der Welt zu tragen, dann sind es wohl am ehesten die 45% demokratische Staaten. Es ist unsere gesellschaftliche und politische Pflicht, dies mit unserem Handeln tagtäglich zu versuchen.

Und es ist auch unsere Pflicht, diejenigen zu unterstützen, die der Gewalt und Willkür von Machthabern wie Putin und Co. zum Opfer fallen. Zum einen mit humanitärer Hilfe und finanziellen Mitteln. Zum anderen mit Diplomatie und wenn es tatsächlich zu einem kriegerischen Angriff kommt, gegebenenfalls auch mit Abwehrsystemen und Waffen.

Ich weiß, das ist kein leichtes Thema. Hier sind viele nicht meiner Meinung. Aber ich sage ganz klar: wenn ein Land von einer militärischen Übermacht geradezu überrollt wird, dann hält man die Panzer und Raketen leider nicht mit Menschenketten und Worten auf. Und das müssen wir auch hier im friedlichen Westen akzeptieren.

Selbstverständlich müssen solche Unterstützungen mehrfach abgewogen und extrem gut überlegt sein, denn eine militärische Unterstützung darf nie ein leichter Schritt sein.

Aber: unser absolutes Ziel, auf welches wir hinarbeiten müssen, ist trotzdem eine global abgerüstete Welt mit weniger Waffen. Besonders ohne atomare Waffen oder ähnlichem. Aber auf diesem Weg gibt es immer wieder notwendige Rückschritte um im Endeffekt unsere Freiheit und unsere Demokratie zu verteidigen. Denn ohne Freiheit und Demokratie werden wir auch keinen wirklichen Frieden haben.

Vielen Dank.

Text  |  Sven Hartung und Saskia Ganter

Fotos  |  SPD Oberkirch – Saskia Ganter

SPD Oberkirch
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